Geschrieben von martin am
Bei Sonnenaufgang nähert sich unsere Fähre bereits Mazatlán. Obwohl das Entladen der Fähre eher chaotisch verläuft (jeder versucht als Erster von Bord zu kommen), fädeln wir uns eine Stunde später bereits in den morgendlichen Berufsverkehr von Mazatlán ein. Uyarak quetscht sich durch die engen Gassen und wir müssen höllisch aufpassen, damit wir nicht plötzlich verkehrt herum in eine Einbahnstrasse fahren - häufig ist die Fahrtrichtung nur mit einem kleinen Pfeil an einer Hauswand angegeben. Nach längerem Suchen finden wir schliesslich ein Hotel mit Innenhof, so dass wir Uyarak sicher abstellen können. Für gerade mal 200 Pesos (ca. Fr. 12.-) bekommen wir im Hotel Lerma ein einfaches, aber sauberes Doppelzimmer mit Dusche und schnellem WLAN - und das direkt im Zentrum. Perfekt um die Stadt zu erkunden. Mazatlán war in den fünfziger Jahren bekannt als Billigst-Feriendestination, weshalb nördlich von Alt-Mazatlán unzählige Hotelanlagen die Küste verschandeln. Inzwischen hat sich der Massentourismus aber gelegt und man versucht das Image der Stadt aufzupolieren. Nicht zu unrecht, denn Mazatlán verfügt über einen schönen historischen Stadtkern mit vielen Bauten aus der Spanischen Kolonialzeit. Wir geniessen unseren ersten Tag auf dem Mexikanischen Festland in vollen Zügen und fallen am Abend todmüde ins Bett.
Die nächsten Tage müssen wir etwas Strecke machen, denn Besuch aus der Schweiz steht an. So fahren wir am Mittwochmorgen (28. Oktober) auch bei Zeiten los. Um schnell voranzukommen entschliessen wir uns die Cuota (Mautstrasse) zu nehmen. Kaum sind wir auf die MEX 15D aufgefahren, dünnt sich der Verkehr massiv aus und wir kommen gut voran. Mit der Zeit gewöhnen wir uns auch an die mexikanischen Strassengepflogenheiten. Weder Überholverbotsschilder, noch doppelt durchgezogene Mittelline, ja nicht mal Gegenverkehr halten einen Mexikaner vom Überholen ab! Auf einer zweispurigen Strasse passen auch locker drei Fahrzeuge nebeneinander - Überholen geht also immer. Auch Geschwindigkeitsbegrenzungen werden eher als grober Richtwert betrachtet. Bis wir Tepic erreichen, haben wir uns daran gewöhnt und den mexikanischen Fahrstil zum Teil auch schon adaptiert. Kaum glauben können wir, dass uns diese knapp 300 km ganze 440 Pesos (ca. Fr. 26.-) Maut gekostet haben. Kein Wunder, war so wenig Verkehr.
Immer noch verärgert wegen den überzogenen Mautgebühren fahren wir am nächsten Morgen auf der Libre weiter nach Guadalajara. Das befürchtete Verkehrschaos bleibt aus und wir kommen überraschend gut voran. Während sich die Strasse unaufhaltsam in die Höhe windet, kündigen blau schimmernde Agavenfelder die Ortschaft Tequila an. Aus dieser Region stammt die wohl bekannteste Form des Mezcal, der Tequila! Da wir für Ende Woche einen Besuch bei einer Destillerie geplant haben, begnügen wir uns mit einem Stadtrundgang in Tequila.
Die Metropolregion um Guadalajara ist mit über 4 Millionen Einwohner nach Mexiko-Stadt das zweitgrösste Siedlunsgebiet von Mexiko. Um nicht im Stadtverkehr zu ersticken, umfahren wir die Stadt so gut es geht auf unserem Weg zum Laguna de Chapala, einem beliebten Ausflugziel südlich der Grossstadt. Dichte, tief hängende Wolken verwehren uns aber leider den Blick auf den See.
Um unsere Verabredung einhalten zu können, brechen wir auch am Freitagmorgen früh auf. Der Tag begrüsst uns mit Dauerregen und nach wenigen Kilometern kommen wir nur noch im Schritttempo voran - die Strasse steht 20 cm unter Wasser. Schlaglöcher und die berühmten Topes sind dadurch komplett unsichtbar. Mehr als drei Stunden brauchen wir für die 150 km in die kleine Ortschaft Santa Elena. Zusammen mit Urs (einem Freund aus der Schweiz) besuchen wir die kleine Destillerie Siete Leguas in Atotonilco. Stolz erklärt man uns, wie hier Tequila noch nach alter Kunst in Handarbeit hergestellt wird. Während einer Stunde spazieren wir durch die alten Gewölbe, essen frisch gekochte Agave, probieren die verschiedenen Zwischenprodukte und degustieren schlussendlich den hochgelobten Siete Leguas D'Antaño - schmeckt wirklich ausgezeichnet.
Das Wochenende verbringen wir dann mit Urs und seinen Freunden in Santa Elena bei Charly, einem vor 25 Jahren ausgewandertem Schweizer. Er betreibt seither in diesem 1000 Seelen Dorf ein Schweizer Restaurant und bietet Overlander einen Platz zum Übernachten. Kaum verwunderlich besteht unser Tagesprogramm hauptsächlich aus Essen: Bratwurst, Cervelat, ausgezeichneten Käse, Salami, selbst gebackenes Brot, Rindsfilet, Fisch, etc.. In diesen zwei Tagen futtern wir uns einmal quer durch die Speisekarte. Herrlich!
Bald aber schon heisst es Abschied nehmen und wir fahren weiter nach Guanajuato, Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates. Durch ein enges Tal fahren wir in die Stadt, welche seit 1988 UNESCO Weltkulturerbe ist. Da im engen Talboden kaum Platz ist, stapeln sich die Häuser in den steilsten Hängen bis hoch hinauf. Die Strassen sind äusserst schmal und verlaufen aus Platzmangel häufig unterirdisch. Dazu werden alte Minenschächte und unterirdische Flussbetten als Tunnels genutzt. Ein regelrechtes Labyrinth durchzieht die Hänge. Obwohl das Autofahren in der Stadt ein Alptraum ist, gefällt uns Guanajuato auf Anhieb. Wir haben Glück, denn es ist Día de los Muertos (Tag der Toten) - einer der wichtigsten mexikanischen Feiertage. Anders als der Name vielleicht erahnen lässt, ist dies ein farbenprächtiges Fest, an dem traditionell den Verstorbenen gedacht wird. Die Strassen sind mit Blumen geschmückt und überall findet man Skelette und Skulpturen à La Calavera Catrina. Im Stadtzentrum zaubern hunderte von Freiwilligen Bilder aus Holzschnipseln, Blumen, Reis und Nüssen direkt auf die Strasse - sehr eindrücklich.
Für die nächsten Tage fahren wir etwas weiter nach San Miguel de Allende. Die Stadt gehört seit 2008 ebenfalls zum UNESCO Weltkulturerbe. Auf dem direkt im Zentrum gelegenen Zeltplatz treffen wir Daniel wieder. Er ist bereits seit einer Woche hier, da ihm die Stadt so gut gefällt. Gemeinsam ziehen wir durch die Stadt, bestaunen die prächtigen Kolonialbauten - ganz besonders gefällt und die prächtige Kirche Parroquía San Miguel Arcángel - und geniessen das ausgezeichnete Essen. Morgens gibt es jeweils frische Croissants und Brötchen vom Bäcker um die Ecke. Nebenan gibt es frische Joghurt und ausgezeichneten Käse zu kaufen. Klar, dass es auch uns hier gefällt und so bleiben wir ganze fünf Tage in der Stadt.
Zusammen mit Daniel und Harry fahren wir am Freitagnachmittag (6. November) weiter nach Santiago de Queretaro. Mit fast 900'000 Einwohnern klar grösser als die beiden letzten Städte, nur leider ohne Campground im Zentrum. Dafür finden wir im Hotel The 13 Lit ein sehr schönes und bezahlbares Doppelzimmer. Abends geniessen wir den Blick von der Dachterrasse und essen dazu feinen Ziegenkäse und frisches Brot.
Etwas überrascht stellen wir am zweiten Abend fest, dass in gut sechs Wochen ja bereits Weihnachten ist. Irgendwie gibt es hier so viel zu sehen, dass wir nur alle paar Tage ein paar Kilometer weiter gekommen sind. Wir entschliessen daher etwas Strecke gutzumachen und fahren so am nächsten Tag bis zur Ruinenstadt Teotihuacán mit den bekannten Pyramiden.
65 Meter ragt die Sonnenpyramide in den Himmel und ist damit von Weitem zu sehen. Mit 222 mal 225 Meter Grundriss ein äusserst beeindruckendes Bauwerk. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die Pyramide bereits im Jahr 100 errichtet wurde. Sie war damit bereits 1200 Jahre alt, als die Azteken die Pyramide fanden und weiter nutzten. Durch einen Fehler bei der Restaurierung 1906 besitzt die Pyramide heute leider fünf statt wie ursprünglich nur vier Stufen. Auch der viele Beton, der zur "Restaurierung" benutzt wurde trübt das Bild etwas. Nichtsdestotrotz geniessen wir die fabelhafte Aussicht.
Mexiko-Stadt umfahren wir am folgenden Tag weiträumig und halten stattdessen auf den 5462 m hohen Vulkan Popocatépetl zu. In Amecameca de Juárez beginnt der steile Aufstieg auf den 3700 m hohen Pass Paso de Cortes. Uyarak und La Bestia (der Toyota von Daniel) meistern den Höhentest ohne Probleme und so stehen wir bald auf dem Pass und geniessen die grandiose Aussicht. Leider verstecken sich die beiden Vulkane hinter Wolken. Es ist gerade mal 10 Tage her, seit der Popocatépetl das letzte mal Feuer und Asche ausgespuckt hat und so sind die Wanderwege und auch die Strasse die noch weiter hoch führt gesperrt. Nach einem verspäteten Mittagessen auf der warmen Motorhaube beginnen wir daher bereits wieder mit dem Abstieg Richtung Puebla. Die Strasse auf dieser Seite ist nicht geteert und vom letzten Regen etwas ausgewaschen, weshalb wir nicht ganz so schnell vorankommen. Dadurch ist es bereits relativ spät als wir im Tal ankommen und so suchen wir einen Zeltplatz in der Nähe. In Metepec, einem kleinen Vorort von Atlixco werden wir fündig: ein riesiger Freizeitpark mit 7 Hotels, Schwimmbad, Hallenbad, Zeltplatz und wer weiss was sonst noch alles hat Platz für uns. Viel Platz. Es ist schon fast etwas unheimlich, denn wir sind die einzigen Gäste. Nebst uns geistern nur ein paar Angestellte durch die Anlage. Nach einem gemütlichen Abend in der Stadt und einer sehr ruhigen Nacht brechen wir am Mittwochmorgen dann auf Richtung Oaxaca.
Fotos
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