Geschrieben von franzi am
Das kleinste spanischsprachige Land Südamerikas
Uruguay, ein fremdes Land. Frei von Bildern, Geschichten und Vorurteilen freuen wir uns auf das Unbekannte. Bewusst haben wir es unterlassen den Reiseführer durchzustöbern oder im Internet nach Bildern zu suchen. Hauptgrund für unseren Abstecher ist Uyarak welchen wir ab Montevideo in die Schweiz verschiffen werden. Natürlich hätten wir ihn auch in Buenos Aires aufgeben können, doch die Kosten und der bürokratische Aufwand sind in Uruguay um einiges geringer.
Dass unser letztes Reiseland als die Schweiz Südamerikas bezeichnet wird, lässt uns schmunzeln. Soll dies etwa eine Art der gemächlichen Akklimatisierung werden? Soeben die Grenze überquert, zeigen sich markante Unterschiede zu Argentinien. Gepflegte Felder, Strassen welche gesäumt sind mit Palmen-Alleen und auf beiden Seiten befinden sich wohlhabende Häuser mit liebevoll gestaltetem Umschwung. Doch der Schein trügt, denn seit den 60er Jahren reisst die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Dies wird uns aber erst viel später in Montevideo bewusst. Weshalb 88% der Bevölkerung europäische Nachkommen haben, lässt sich leicht erklären. Das Land bietet eine gute Lebensqualität, eine stabile demokratische Politik sowie geringe Kriminalität. Somit war und ist es auch heute noch ein sehr beliebtes Ziel für Auswanderer.
Stadtbummel
Wir durchqueren hübsche Dörfer wie Mercedes und Dolores wo die Welt noch in Ordnung zu sein scheint. Auch die älteste und wohl bekannteste Stadt des Landes - Colonia del Sacramento - kann sich sehen lassen. Die Altstadt versprüht jede Menge Charme und Romantik. Die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein, denn die Strassen sind aus Pflastersteinen, die Hausnummern aus alten Kacheln und Pferdekutschen tragen noch den Abfall zusammen. Auf den Strassen passieren wir so viele schöne, alte Autos wie noch nie. Martin kann es sich nicht verkneifen beim Vorbeifahren total begeistert den Daumen hoch zu halten, worauf uns die jeweiligen Fahrzeugbesitzer nur verwunderte Blicke zuwerfen.
Bereits zurück in der Schweiz?
Ein grosses Grüezi empfängt uns beim Ortseingang der kleinen Siedlung Nueva Helvecia. 1962 von Schweizer Immigranten gegründet sorgt das Städtchen seither dafür, dass man auch in Uruguay anständigen Käse findet. Und wo trifft man die Schweizer wenn nicht im kleinen Nueva Helvecia. Ein lautes Hoi lässt uns über unsere Schultern zurück schauen. Da stehen doch wirklich Fabienne und Christian mit denen wir die Autos bereits zum zweiten Mal verschiffen werden - dieses mal direkt nach Basel. Der Nachmittag verfliegt wie im Nu, denn wir haben uns seit Nicaragua nicht mehr gesehen. Die kommenden Tage verbringen wir zusammen mit Fabienne, Christian, Barbara und René auf dem nahe liegenden Campingplatz. Die ersten regnerischen Tage seit Monaten können wir nun beim jassen verbringen. Im geheizten Aufenthaltsraum des Campingplatzes kann es draussen so fest stürmen wie es will. Am Plaza Blandengues verbringen wir einen weiteren wundervollen Jassnachmittag direkt am Meer und so verfliegen auch die letzten gemütlichen Reisestunden in freier Natur.
Der Ernst des Lebens
Am 19. Juli kurz vor Mittagszeit besuchen wir unseren Agenten Eduardo Kessler in Montevideo. Wir besprechen die Details der Verschiffung und erfahren, dass Spediteam es nicht geschafft hat, die vereinbarte Vorauszahlung zu leisten - so müssen wir kurzfristig eine erhebliche Summe Bargeld beschaffen. Ebenfalls wurde die Verladung aufgrund eines Streiks um einen Tag vorverlegt.
Schrecksekunden
Da heisst es wohl endgültig Rucksäcke packen und das Auto für die Verschiffung zu rüsten. Am nächsten Mittag bahnen wir uns im zweier Konvoi den Weg durch die Stadt zu Eduardo. Sogleich sind wir um einige US Dollar leichter, denn die Hafengebühr muss vor Ort beglichen werden. Mit Eduardo auf dem Beifahrersitz, fahre ich im hinteren Teil von Uyarak mit - einmal quer durch die Stadt zum Hafen. Angespannt und voller Hoffnung, dass auch die letzten Stunden unserer Reise problemlos von statten gehen. Ein lauter KNALL ertönt - gleichzeitig schlägt mein Kopf mit voller Wucht gegen den Lattenrost im Auto. Tausend Bilder überfluten meine Gedanken als ich jammernd die Hecktüre öffne und aus dem Auto springe. Hat uns etwa ein Auto seitlich gerammt? Martin kniet vor dem Auto während ich fassungslos auf die grüne Fläche der Seitenwand starre - doch da ist kein Kratzer zu sehen. Als ich Martin erreiche, erklärt er erleichtert - dass sich nur die Stossstange mit einem Stahlpfosten angelegt hat - 1:0 für unsere ARB-Bullbar. Eduardo hat sich nämlich für unsere letzte Fahrt die schmalsten Strassen ausgesucht. Mit rasendem Herzen und einem unbeschädigten Uyarak, fahren wir in den sicheren Hafen hinein.
Nach einigem hin und her ist das unvermeidbare Umbauen der Autos angesagt. Leider hat es Spediteam ebenfalls nicht geschafft uns den gewünschten High Cube Container bereitzustellen. So sind wir gezwungen die ganze Dachlast im Auto - oder wie Charreschmieri - auf der Haube zu befestigen. Gemäss Vorschrift muss Martin noch die Batterie abhängen. Beim Landy gestaltet sich dies als etwas komplizierter. So wird der Fahrersitz ausgebaut, das Auto gestartet, die Batterie abgehängt, der Sitz wieder eingebaut und unser Liebling anschliessend sorgfältig im Container platziert. Ehe wir uns versehen sind beide Autos verladen, die Türe verschlossen und versiegelt. Erst in drei Wochen werden wir den Container in Basel wieder in Empfang nehmen können.
Umzug ins Hotel
Nach 16 Monaten sind wir erstmals wieder als Backpacker unterwegs. Doch unsere weinenden Augen werden im Hotel mit so viel Luxus beglückt, dass wir ziemlich schnell über die Trauer hinwegschauen. Eine Heizung, ein wundervolles Badezimmer mit Dusche, WC und das wohl beste Frühstücksbuffet seit einer Ewigkeit. Auf die doch noch gelungene Verladung der Autos stossen wir zusammen mit Eduardo an. Auch die anschliessende Parrilla - eine riesiger Grillteller kann sich sehen lassen. Nur die Innereien welche ebenfalls auf der Platte liegen werden Nase rumpfend und kichernd hin und her geschubst.
Die Stadt Montevideo hat äusserst viel zu bieten und so kosten wir auch die letzten Tage in Uruguay noch so richtig aus, bevor uns die Buquebus Fähre nach Buenos Aires bringt.
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