Geschrieben von franzi am
Highlight des Tages - vier Tafeln Schokolade
Nun verpassen wir bereits das zweite mal Ostern. Für den einen Reisenden ist dies gut zu verkraften - Osterhasen bestehen ja nicht aus Gelatine - für die Andere jedoch ist es ein kleines Desaster. Martin muss mir den Frust wohl angesehen haben. Als er vom Einkaufen zurück kommt, hat er vier Tafeln leckere Schokolade dabei - Tafel Nr. 1 wird dann bereits Morgens um neun zum Verzehr freigegeben. ;-)
Von Huánuco fahren wir auf die Hochebene bei Cerro de Pasco (4330). Der Himmel ist geschmückt mit Wolkenformationen wie aus dem Bilderbuch. Überall weiden Schafe, Alpacas und Rinder. Wir fahren durch unzählige kleine Bergdörfchen mit Häusern aus Lehm, umringt von Steinmauern. Fotos gibt es leider keine. Martin geniesst es ungemein mit vollen 80 km/h über die Hochebene zu brettern.
Auch solche Tage gibt's
Ein langer Fahrtag führt uns zur Finca Florida in der Nähe von Tarma. Nach eisig kalten Nächten in der freien Natur ist der Wunsch auf eine heisse Dusche ziemlich gross. Doch eine Misere folgt auf die nächste. Als Martin unter der Dusche steht gibt der schwarze Wassertank auf dem Dach kein einziges Tröpfchen von sich. Während er sich genervt wieder anzieht, frage ich bei der Rezeption nach. Sogleich wird mir ein Zimmerschlüssel ausgehändigt. Doch auch im Hotelzimmer muss Martin sich mit eiskaltem Wasser begnügen. Auf die Antwort der Angestellten hin, muss ich dann trotzdem laut lachen. Sie hat nämlich vergessen den Boiler einzuschalten und bittet mich, 30 Minuten zu warten ehe ich die Dusche aufsuche. Wenn da keine Heimatgefühle aufkommen! ;-) Als ich zwischenzeitlich Abendessen kochen möchte, ist der Benzin alle und zum krönenden Abschluss des Tages gibt's dann noch ein schön angekokeltes Abendessen... Ich sag's ja, auch solche Tage gibt's.
Immer weiter Richtung Cusco
Insgesamt sind es rund 1200 Kilometer von Huánuco nach Cusco. Endlos schlängelt sich die einspurige Piste dem Bergrücken entlang immer dem Rio Mantaro folgend. Eine eindrückliche Fahrt mit haarsträubenden Kreuzungen. Wo mir jeweils der Atem stockt, klappt Martin die Rückspiegel des Landys ein um erneut Millimeter Arbeit zu leisten. Nach einem kleinen Dorf passieren wir eine Brücke dessen Maximallast mit acht Tonnen angegeben ist. Keine 200 Meter weiter kommt uns ein grosser Sattelschlepper entgegen. Wir schauen uns nur fragend an und hoffen, dass das Höchstgewicht der Brücke falsch beschriftet ist.
Osterstress
Die Stadt Ayacucho soll besonders während der Osterzeit sehenswert sein. Da sind wir am Ostersamstag ja gerade richtig. Doch die Freude wehrt nicht lange. Der Umfang des Prozessionsmarsches nimmt die ganze Stadt ein und verursacht ein riesiges Verkehrschaos. Ganze zwei Stunden stehen wir im Steilhang im Stau. Fluchtartig verlassen wir die Stadt und biegen auf eine winzige Strasse ein. Einziger Gegenverkehr sind nun Familien welche ihr ganzes Hab und Gut (3 Kühe, 2 Schafe und 5 Schweinchen) vor sich her treiben. Bei Dämmerung erreichen wir gerade noch das kleine Dorf Chincheros und gönnen uns ein Hotelzimmer für 25 Soles (Fr. 7.50). Erneut sind wir froh keine Vegetarier zu sein, denn das Pollo Asado des kleinen Restaurants vis à vis wäre echt eine Sünde wert gewesen.
Die unberührte Schwesterstadt von Machu Picchu - Choquequirao haben wir schon seit langer Zeit ins Auge gefasst. In Cachora angekommen holpern wir über einen steinigen Lehmweg zum Hauptplatz. Wie meistens ist die Hauptstrasse aufgrund des regen Markttreibens gesperrt. Für 30 Soles mieten wir ein Zelt und decken uns am Markt mit Gemüse ein. Wo andere bereits los wandern können wir noch ganze 10 Kilometer fahren. So ein Land Rover ist schon was tolles! :-) Zu hinterst im Tal befindet sich dann ein kleiner Kiosk wo wir das Auto für die vier Tage abstellen dürfen.
4-tägiger Trek nach Choquequirao
Entgegen unserer ursprünglichen Absichten wandern wir mit richtig schweren Rucksäcken los. Es gilt 1000 Höhenmeter abzubauen. Die Mittagspause am Fluss entpuppt sich als mörderisch. Martin wird in den wenigen Minuten von den Beissfliegen übelst zugerichtet. Anschliessend führt der Pfad 500 Höhenmeter den gegenüberliegenden Berghang hinauf bis zum Santa Rosa Camp. Mein Schatz ist bereits total unterzuckert als wir oben ankommen und gönnt sich deswegen ganze 12 Stunden Schlaf. Am nächsten Morgen um fünf sind wir mit Stirnlampen ausgerüstet dabei 1000 Höhenmeter aufzusteigen. Bereits um acht Uhr erreichen wir das kleine Dorf Marampata. Bis zum Ziel ist es noch eine knappe Stunde. Von weitem sieht man bereits die eindrücklichen Terrassenbauten von Choquequirao.
Als wir bei den Ruinen ankommen sind wir die einzigen Besucher. Eine unglaubliche Stille liegt über dem kleinen Ort. Die Ruinen sind umgeben von grünen, steil abfallenden Hängen welche bis ins tiefe Tal führen. Hier gilt es innezuhalten und den Moment zu geniessen. Mit der Sonne im Gesicht liegen wir in der Wiese - auf dem Dach der Welt.
Auf dem Rückweg gilt es Energie zu tanken. Wir werden mit Suppe und Pasta verköstigt. Den Abstieg meistern wir dann ziemlich zügig. Auch am dritten Tag wird aktiv gewandert. 500 Höhenmeter geht's runter und dann am gegenüberliegenden Hang ebenso viele Höhenmeter hinauf. Das Essen ist uns nun endgültig ausgegangen. Martin berechnet bereits, wieviel das Abendessen kosten darf, damit wir uns 2 Portionen leisten können. Zu früh haben wir uns gefreut, denn das Restaurant ist ausnahmsweise geschlossen. Die Besitzer sind mit den Eseln in der Stadt um sich mit Lebensmittel zu versorgen. Da können wir nur hoffen, dass beim Übernachtungsplatz Abendessen serviert wird. Eine Pause tut gut, dennoch knurrt der Magen ungemein. Ein Mädchen muss uns das wohl angesehen haben. Sie bringt uns eine grüne Frucht mit Stacheln dessen Geschmack an "saure Schlängli" erinnert. Mit jedem Bissen spüren wir, wie unglaublich viel Zucker die Frucht enthält. Laut lache ich als ich sehe, wie Martin anschliessend in rasendem Tempo den Berg hinauf läuft. Das Nachtlager schlagen wir in Gesellschaft einer kleinen Französischen Touristengruppe und deren Eselführer auf. Gemäss dem Besitzer des Zeltplatzes wird hier kein Abendessen zubereitet. Anscheinend hab ich ihn aber so verzweifelt angeschaut, dass die Señora kurze Zeit später mit einem Topf Pasta vom Vortag zu mir kommt. Die zwei Teller Spaghetti dürfen wir dann sogar am Esstisch in ihrer kleinen Lehmhütte geniessen. Währenddessen surren am Boden unzählige Meerschweinchen herum und an der Decke ist bereits das Fleisch vom Hausschwein zum Trocknen aufgehängt. Während wir unsere Portionen verschlingen weist mich Martin darauf hin, dass die Señora soeben ein Meerschweinchen geschlachtet hat. Da können wir nur schmunzeln und uns an der vegetarischen Pasta erfreuen.
Am selben Abend erfahren wir erneut Einheimische Gastfreundschaft. Die drei Eselführer laden uns auf eine Tasse Mate ein. Unter einer Palapa sitzen wir auf dem Lehmboden, trinken Tee, Inka Schnaps und bekommen sogar noch die Resten des Abendessens der Französischen Touristengruppe angeboten. So erhalten wir einen kleinen Einblick in ihr Leben. Wir erfahren, dass ihre Schuhe aus alten Pneuresten gefertigt sind, gerademal 5 Soles kosten und trotzdem 4 Jahre lang halten. Zum schlafen wickeln sie sich in die blaue Plastikfolie ein um sich vor der Kälte zu schützen. Nur die Lasttiere gehören ihnen, der ganze restliche Kram gehört der Französischen Touristengruppe. Da würde man die drei am liebsten im eigenen Zelt übernachten lassen. Stattdessen verschenken wir unseren Mückenspray, denn Geld haben wir ja zur Zeit selber keines mehr. Todmüde fallen wir in unsere Schlafsäcke denn Tag vier wartet bereits auf uns.
Erneut wandern wir um fünf Uhr in der früh los. Die 1000 Höhenmeter meistern wir im Nuh. Als wir oben ankommen scheint uns die Sonne gerade ins Gesicht und um 08:00 geniessen wir zum Frühstück eine Minestrone Suppe. Was für eine erlebnisreiche Wanderung!
Normalerweise sind wir zwei Planungsfanatiker wo selten was schief läuft. Bei diesem 4-tägigen Trek haben wir uns aber wieder einmal selbst übertroffen. So haben wir zB. die ganzen Snacks und Süssigkeiten im Auto vergessen, zu wenig Geld mitgenommen, den Mückenspray nicht benutzt und viiiiel zu wenig gegessen.
über Umwege ans Ziel
Nicht absichtlich fügen wir der Anfahrt zum Zeltplatz in Cusco noch eine kleine Rundfahrt in der Altstadt hinzu. Abgerundet wird der Trip indem wir die steilste und schmalste Strasse der Stadt wählen. Beim Campingplatz lernen wir Renate und Walter aus Bayern kennen. Als Sie uns erzählen, dass diese steile Strasse in einer Treppe endet, gibt es ein riesiges Gelächter. Da sind wir wohl nicht die Einzigen die sich in Cusco verfahren haben. Während ich mir eine Dusche gönne bemerkt Martin zeitgleich die Ameisen-Invasion. Diese hat sich während unserer Abwesenheit im Auto ausgebreitet. Ja sogar mit der Fortpflanzung haben die kleinen Bestien bereits begonnen. Als ich nach der Dusche die frische Hose anziehen will, bemerke ich gerade noch rechtzeitig die 1000 winzigen Ameisen welche es sich in meinen Hosentaschen gemütlich gemacht haben. Aus dem geplanten ruhigen Abend wird somit eine Ameisenjagd. Alles muss raus, ausgeklopft und gereinigt werden.
Nach einem Ruhetag für unsere knackigen Wanderwädli gilt es die Stadt Cusco kennenzulernen. Eine wundervolle Stadt mit viel Charme und guten Restaurants. Wir schaffen es dennoch nur ins Fast Food Restaurant und gönnen uns einen Burger mit fettigen Pommes. :-) Am Abend werden wir ins Wohnmobil von Renate und Walter eingeladen. Nebst lautem Gelächter fliessen Unmengen an Wein. Was für ein schöner Abend!
Valle Sagrado de los Incas
Gesättigt vom Stadtleben freuen wir uns auf das Urubamba-Tal. Das Heilige Tal birgt unglaublich viele Sehenswürdigkeiten. Beginnen wollen wir mit den Ruinen von Pisaq. Die alte Ruinenstadt wurde von den Inkas auf einem schmalen Bergvorsprung 300m über dem Tal errichtet. Im Gegensatz zu Choquequirao führt allerdings heute eine Strasse bis zum Eingang der Ruinen. Wir schleichen zwischen den alten Mauern hindurch und bewundern die Terrassen welche die ganze Ruinenstadt noch eindrucksvoller erscheinen lässt.
Die Strasse führt weiter ins Tal hinein und spuckt uns bei den Salzterrassen von Pichingoto aus. Dies gerade noch rechtzeitig bevor sich die Sonne hinter dem Berg verabschiedet. Von Mai bis Oktober werden in den gut 3000 angefertigten Becken Salz gewonnen. Einen Monat dauert es bis sich in einem Becken eine Salzkruste von etwa 250 kg bildet. Diese bringt dem Eigentümer des Beckens gerade mal 20 Soles (Fr. 6.80) ein. Unglaublich schön ist es, wie die weissen Oberflächen im Sonnenlicht glitzern. Wir haben Glück und können einen Mann und zwei Frauen bei der Arbeit beobachten. Definitiv kein leichtes Unterfangen.
Übernachtet wird dann zusammen mit zwei anderen Overlander in Moray auf dem Parkplatz. Am nächsten Morgen früh beäugen wir die kreisförmige Ackerbauanlage mit Bewässerungskanälen von der Inkazeit. Gemäss archäologischen Erkenntnissen funktionierte die Anlage wie ein Gewächshaus dessen Terrassenstufen von der obersten bis zur untersten einen Temperaturunterschied von bis zu 15°C aufweisen.
Der Schotterpiste folgend kommen wir an eine Hängebrücke aus Holz. Dessen Pfeiler sind genau so weit auseinander, dass unser Landy da durch passt. Als wir uns langsam hinüberschaukeln fragt sich Martin ob die Brücke wirklich für drei Tonnen ausgelegt ist? Wir werden es wohl nie erfahren - doch sie hat gehalten. Zurück auf der Hauptstrasse nach Ollantaytambo werben die Touristenrestaurants mit Plakaten auf denen niedliche Meerschweinchen abgebildet sind. Nicht alle Einheimischen Gerichte sehen für Europäer verführerisch aus.
Die Ruinen von Ollantaytambo sind bereits von weitem sichtbar. Richtig eindrücklich wie sie über den Terrassenbauten auf der Bergflanke thronen. Auch hier lassen wir uns Zeit und geniessen das herrliche Wetter und den schönen Ausblick über die Stadt. Anschliessend organisieren wir die Zugtickets (Spezialangebot zu Randzeiten) nach Aguas Calientes und freuen uns auf den kommenden Tag.
Um 05:40 sind wir deswegen bereits am Bahnhof. Die Zugfahrt ist urchig und sehr holprig, doch wir geniessen die Fahrt welche dem tosenden Rio Urubamba entlang ins grüne Tal hinein führt. Obwohl es bei der Ankunft in Aguas Calientes noch nieselt wandern wir los. Die 1750 Treppenstufen welche nach Machu Picchu führen sind dann im Gegensatz zur Wanderung nach Choquequirau ein Kinderspiel. Kurz nach neun Uhr sind wir bereits ganz oben bei den Ruinen. Ohne in einer Touristengruppe mitlaufen zu müssen, können wir unseren eigenen Rundgang zusammenstellen. Fasziniert von der Grösse der Ruinenstadt und der atemberaubenden Lage bummeln wir zwischen der gut erhaltenen Anlage umher und studieren den Reiseführer. Immer wieder gönnen wir uns eine Pause und lassen die Blicke über das tiefe, saftig grüne Tal schweifen. Nach der Mittagspause beginnt es dann für kurze Zeit zu regnen. Fluchtartig verlassen die meisten Touristen die Ruinenanlage. Wir hingegen geniessen die nun fast leere Stadt und sehen zu, wie Nebelwolken eine mystische Stimmung schaffen.
Nach zwei längeren Fahrtagen erreichen wir den Titicacasee ganz im Süden Perus. Ziemlich schnell haben wir uns dafür entschieden die Schilfinseln des Uro-Nachfahren nicht zu besuchen. Angeblich geht es da nur noch darum den Touristen das Geld aus dem Hosensack zu locken. Auf den Inseln lebt schon seit längerer Zeit niemand mehr. Da gönnen wir uns zum krönenden Abschluss von Peru lieber ein leckeres Alpacasteak in Puno. Bolivien wir kommen!
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Kommentare
Sabine Mehmann antwortete am Permanenter Link
Hey ihr beiden,
ein schöner Bericht!
Wir fahren wieder Richtung Norden und vielleicht können wir uns ja irgendwo treffen?! Schreibt uns doch ein Mail mit eurer Nr;))
Liebi Grüess us Chile
Sabine&Andy
hedyundstephan antwortete am Permanenter Link
liebe Franziska, lieber Martin
was ihr da im Süden von Peru erlebt habt, ist ja unglaublich. Zum Glück habt ihr ein robustes Auto und seid selber fit und "zwäg", so dass euch solche Wanderungen nichts anhaben können...! Wir wünschen euch beiden viel Freude weiterhin und unfallfreie Fahrt auch in Bolivien.
Danke für die tollen Berichte und Bilder-wir geniessen sie !!!
Stephan und Hedy