Geschrieben von martin am
Willkommen in Bolivien
Die Ausreise aus Peru ist schnell erledigt und so fahren wir bei bestem Wetter ein paar Meter weiter zum steinernen Torbogen auf der bolivianischen Seite. Wir parkieren Uyarak und füllen einmal mehr ein Touristen-Formular aus. Damit gehen wir zur Inmigración und staunen nicht schlecht, als wir nach 30 Sekunden bereits den Einreisestempel im Pass haben. So schnell ging das noch nie!
Auch bei der Fahrzeugeinfuhr geht Bolivien neue Wege, wir müssen diese selber am PC ausfüllen und erst mit dem fertigen Ausdruck zur Aduana, der Zollbehörde gehen. Der Beamte ist super nett und so sind wir auch hier nach wenigen Minuten fertig. Doch für die Einreise nach Bolivien ist noch ein dritter Schritt notwendig, wir müssen zur Polizei. Der Polizist begrüsst uns freundlich und möchte die Fahrzeugpapiere und die temporäre Einfuhrerlaubnis sehen - kein Problem. Mit einem breiten Grinsen will er als nächstes die Haftpflichtversicherung fürs Fahrzeug sehen. Eine solche ist an dieser Grenze nicht erhältlich und so ist normalerweise spätestens jetzt die erste Schmiergeldzahlung fällig. Doch wir wurden von anderen Reisenden vorgewarnt und so kann ich - mit einem mindestens ebenso breiten Grinsen - das gewünschte Papier auf den Tisch legen. Alles ist in Ordnung und ihm bleibt nichts anderes übrig, als uns auch ohne Bestechungsgeld den finalen Stempel aufs Dokument zu klatschen. Er gibt mir das Papier zurück und mein ganz beiläufig noch: "Das macht 20 Bolivianos!". Netter Versuch - wir lachen nur und verlassen den Polizeiposten.
Unser erster Stopp in Bolivien ist die kleine Stadt Copacabana am Ufer vom Titicaca-See. Hier wollen wir auf einem kleinen Campingplatz übernachten, leider findet die Besitzerin den Schlüssel fürs Tor aber nicht mehr... Duschen können wir in La Paz wieder, denken wir uns und stellen uns etwas weg von der Ortschaft einfach ans Seeufer. Während dem Kochen verteilt Fränzi noch unser altes Brot an die streunenden Hunde und so wird Uyarak die ganze Nacht über von fünf Hunden bewacht.
Die Polizei, dein Freund und Helfer
Auf der Suche nach einem Geldautomaten fahren wir am nächsten Morgen durch die Stadt und werden nach kurzer Zeit bereits von einer Polizeistreife angehalten. Ohne aus dem Auto auszusteigen verlangt der Polizist meinen Führerschein - ich gebe ihm natürlich nur den Internationalen - und fügt dann an, ihm auf den Polizeiposten zu folgen. Während Fränzi zu Fuss nach einem Geldautomaten sucht, gehe ich auf die Polizeiwache. Schnell ist klar dass sie Geld wollen, weil ich angeblich falsch herum in eine Einbahnstrasse gefahren sei. Da ich vorgebe kein Wort zu verstehen, beginnt der ältere der beiden Polizisten eine Zeichnung zu machen. Als er fertig ist, dreht er das Papier um und beginnt mir die gezeichnete Situation zu erklären. Ich warte geduldig bis er fertig ist, zeige irgendwohin auf dem Papier und sage nur: "Policia?". Augenblicklich verschwindet das Lächeln aus dem Gesicht des Polizisten und er schaut hoffnungslos zu seinem jüngeren Kollegen. Noch geben die beiden aber nicht auf, sie kramen ein kleines Büchlein hervor und blättern eine Weile darin herum. Als sie gefunden haben, was sie suchen reichen sie mir das Buch und fordern mich auf den Text zu lesen. Es geht ums Fahren im Fahrverbot - die beiden haben nicht mal geschafft den richtigen Gesetzesartikel zu finden. Kopfschüttelnd gebe ich das Buch zurück, gerade als Fränzi den Raum betritt. Sofort beginnt das Blättern erneut und die beiden halten Fränzi das Buch unter die Nase - diesmal mit dem richtigen Artikel. Auch Fränzi gibt vor nichts zu verstehen und so zieht sich die Sache noch eine Weile hin. Irgendwann haben wir die Nase voll und fordern die Polizisten auf uns die angebliche Einbahnstrasse zu zeigen - sie ist schliesslich keine 200 Meter entfernt. Ohne zu warten verlassen wir das Gebäude und gehen zur besagten Strasse - wie erwartet ist da kein Einbahnschild und auch kein Polizist ist uns gefolgt. Als ich zurückgehe, kommt der junge Polizist auf mich zu, gibt mir den Führerschein zurück und meint wir können gehen. Tja, heute bleibt die Schmiergeldkasse wohl leer...
Während wir unseren Weg fortsetzen verschlechtert sich das Wetter rasant. Schwarze Wolken ziehen auf und es beginnt heftig zu regnen. Aus dem Regen wird bald Hagel und wir sind froh, dass wir für die Fährüberfahrt nicht aussteigen müssen. Das schlechte Wetter hält an und wir kämpfen uns bald durch das Verkehrschaos in La Paz.
La Paz
Seit 20 Jahren betreibt Walter - ein Schweizer Auswanderer - das Hotel Oberland im südlichen Stadtteil Mallasilla. Der dazugehörige Campingplatz hat sich zu einem richtigen Overlander-Treffpunkt etabliert und so steuern auch wir auf direktem Weg dorthin. Es ist Nebensaison und so sind wir am Abend die einzigen Gäste im Restaurant und geniessen ein köstliches Raclette - das erste seit über einem Jahr!
Für Bs. 2.60 (Fr. 0.35) pro Person fahren wir am nächsten Morgen bei schönstem Wetter mit dem Colectivo ins Stadtzentrum. Staunend schlendern wir durch die Gassen - moderne Gebäude, riesige Markthallen und überall Stände an denen alles Mögliche gekauft werden kann. Da wir von Süden nach Norden spazieren, geht es stetig aufwärts und so beschliessen wir nach dem Mittag die Seilbahn zu verwenden. Vom alten Bahnhof, nicht weit vom Zentrum, geht die von Doppelmayr gebaute und erst 2014 fertiggestellte Seilbahn hoch zur Schwesterstadt El Alto. Von der Bergstation auf 4100 m überblicken wir die gewaltige Stadt - der ganze Talkessel ist verbaut, unglaublich.
Der Spaziergang durch El Alto zeigt schnell, was wir bereits gehört hatten - je höher man kommt, desto ärmer sind die Bewohner. Wir schlendern vorbei an unzähligen kleinen Tiendas und laufen bis zur Bergstation der gelben Linie ca. 2 km südlich. Wieder über die Häuser schwebend geht es zurück ins Tal. Nach einer halben Stunde sind wir 7.5 km weiter im Stadtteil Calacoto wo wir noch kurz Gemüse und Früchte kaufen auf dem Markt und dann mit dem Colectivo wieder zurück zum Campingplatz fahren.
Sofort bemerken wir den Toyota mit dem riesigen Schweizer-Kreuz auf dem Alkoven. Aber auch der alte Mercedesbus daneben hat ein Schweizer Kennzeichen. Zu sechst geniessen wir mit Jeannette & Tinu sowie Annina & Pascal ein feines Nachtessen im Restaurant von Walter und quatschen viel.
Während die vier sich am nächsten Tag die Stadt anschauen, gibt es für Uyarak in der nahe gelegenen Werkstatt einen Ölwechsel und neue Bremsbeläge.
Sucre
Eine vierspurige Schnellstrasse bringt uns von El Alto in windeseile nach Süden. Über eine Hochebene rauschen wir an hunderten von Alpacas vorbei, bevor wir in Oruro nach Osten abschwenken und die Strecke wieder bergiger wird. Die Minenstadt Potosí lassen wir erstmal links liegen und fahren am zweiten Tag direkt in die Hauptstadt.
Der einzige Campingplatz in der weissen Stadt ist überfüllt und so weichen wir auf das Hostal Pachamama aus - ein Glücksfall wie sich zeigt. Wir treffen auf Cameron, Lochie und Aliesha aus Neuseeland. Die drei sind mit dem Motorrad unterwegs nach Norden. Aufgrund einer verklemmten Kette bleiben sie noch eine Nacht länger und wir verbringen eine lustige Zeit zusammen. Später stossen noch zwei Australier, ein Franzose und eine Japanierin dazu und ein trinkfreudiger Nachmittag nimmt seinen Lauf.
Doch auch von der Stadt sehen wir einiges und so brechen wir zwei Tage später wieder auf nach Westen. An einer kleinen Tankstelle ausserhalb der Stadt versuchen wir etwas Diesel zu bekommen. Wir verhandeln mit der Tankwartin und bekommen den Liter Diesel für Bs. 6 statt den offiziellen Bs. 8.80. Mit vollen Tanks und leckeren Empanadas in der Hand fahren wir zurück nach Potosí, welche für ihre zahlreichen Silberminen bekannt ist.
Potosí
Einen Parkplatz in der Nähe des Zentrums zu finden erweist sich als Herausforderung. Fränzi lotst mich durch die schmalen Gassen bis wir endlich einen freien Parkplatz finden. Kaum steht Uyarak im Parkfeld schickt uns ein Polizist auch schon wieder weg - wir haben jedoch Glück, denn gleich vis-à-vis darf man in einem Innenhof für Bs. 2 parken. Nur knapp geht Uyarak durch den Torbogen und wir quetschen ihn in die letzte frei, aber enge Parklücke.
Trotz schöner Kolonialbauten kann uns die Stadt nicht so richtig überzeugen. Der von Fränzi angesteuerte Kunsthandwerk-Markt ist geschlossen und da wir keine Verwendung für Dynamit haben lassen wir auch den Mercado de los Mineros aus. In einem Kaffee essen wir noch ein ausgezeichnetes Stück Torte bevor wir uns auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz machen.
Nach Uyuni
Exakt auf halbem Weg zwischen Potosí und Uyuni quietscht es plötzlich fürchterlich im Motorraum. Wir halten sofort an und steigen aus - das Kugellager der Keilriemen-Spannrolle hat sich komplett zerlegt. Natürlich regnet es in Strömen und so warten wir erst mal bis der Regen etwas nachlässt. Das ausbauen der Spannrolle ist einfach, diese zu zerlegen stellt sich ohne Schraubstock jedoch als schwieriger dar. Mit Hilfe der Bullbar gelingt es aber dennoch und sogleich stehe ich vor dem nächsten Problem: das Lager ist mit einem Sicherungsring ohne Laschen fixiert. Diesen herauszubekommen wird zur wahren Herausforderung. Doch wir haben Glück, ein Einheimischer der anhält kennt einen Trick und schwups ist der Ring draussen. Nun ist die Sache einfach, altes Lager raus, neues rein, Rolle wieder einbauen und weiter geht die Fahrt.
Nach einer Pizza als verspätetes Mittagessen in Uyuni fahren wir zum Zugfriedhof ausserhalb der Stadt wo wir auf Doro und Felix aus Deutschland treffen. Wenig später gesellen sich noch Anita und Herbert aus Österreich dazu und wir stellen die Fahrzeuge dicht gedrängt und vor dem eiskalten Wind geschützt hinter eine alte Dampflokomotive.
Salar de Uyuni
Die über 10'000 km2 grosse Salzwüste ist das Highligt jeder Bolivien-Reise. Schnell haben wir die paar Kilometer bis zum Rand zurückgelegt und staunen nicht schlecht als uns da ein regelrechter See erwartet. Unschlüssig was wir machen sollen, stehen wir da und beobachten andere Fahrzeuge wie sie durchs Salzwasser fahren. Bald gesellen sich die anderen vier zu uns und schauen ebenso überrascht aufs Wasser. Nach einer weiteren halben Stunde haben wir genug gesehen und uns einen Plan zurecht gelegt. Im Konvoi fahren wir ganz langsam durchs Wasser und wie gehofft stehen wir nach einem halben Kilometer wieder auf dem Trockenen. Nun geht es mit 60 km/h über die steinharte Salzkruste in Richtung Isla Incahuasi. Mitten aus dem weissen Nichts taucht sie dann plötzlich auf und wirkt mit ihren bis zu 1200 Jahre alten riesigen Kakteen irgendwie fehlplatziert. Im Windschatten der Insel verbringen wir eine kalte Nacht.
Nach einem ausgiebigen Frühstück geht es am nächsten Morgen ans Fotografieren. Wir haben viele verrückte Fotos gesehen und wollen nun selber ein paar schiessen. So einfach wie wir dachten, ist die Sache dann aber doch nicht. Die passende Perspektive zu finden ist das einfachste, auch die Schatten haben wir schnell im Griff, doch die Objekte im Vorder- wie auch im Hintergrund scharf abzubilden bleibt schwierig. Die Zeit verfliegt und wir beschliessen heute nur noch bis zur 20 km entfernten Isla del Pescado zu fahren.
Am dritten Tag fahren wir zum nördlichen Rand, genauer gesagt zur Ortschaft Tunupa am Fuss des gleichnamigen Vulkans. Über eine steile und holprige Schotterpiste geht es vom Dorf aus ein paar Kilometer bergauf zu einer kleinen Grotte. In dieser befinden sich einige über 3000 Jahre alte Mumien. Zusammengepfercht stehen wir zu sechst in der engen Höhle und sind fasziniert, dass die Mumien noch genauso daliegen wie damals - keine Glasscheibe, keine Absperrung, nichts.
Zurück auf der Salar geht es geradewegs Richtung Uyuni. Bei 80&km/h bemerken wir erst gar nicht, dass der Untergrund langsam feucht wird, doch plötzlich spritzt es wie verrückt und wir fahren durch 3 cm tiefes Wasser. Ein komisches Gefühl, die weisse Oberfläche wirkt in der Sonne wie Eis und man denkt man könnte einbrechen. Doch unter der Salzschicht (welche bis zu 30 m dich ist) kommt nur Erde und so erreichen wir gefahrlos Uyuni.
Nach einer ausgiebigen Fahrzeugreinigung gibt es noch Frühstück und wir fahren wieder zum Zugfriedhof für die Nacht.
Ab an die Wärme
Alleine brechen wir am nächsten Morgen Richtung Westen auf - für die anderen Vier geht es nach La Paz. Während wir auf der gut befahrbaren Schotterpiste durch eine karge aber wunderschöne Landschaft brettern, denken wir schon an die warmen Temperaturen in der Atacama Wüste. Kurz vor San Christobal helfen wir noch einem Einheimischen mit einer Reifenpanne - er hat zwar ein Ersatzrad dabei, jedoch keinen passenden Schlüssel für die eine Radmutter. Das Problem ist schnell gelöst und wir fahren noch ein Stück weiter bis wir einen geeigneten Übernachtungsplatz in einem Feld voller riesiger roter Steinbrocken finden. Auch in unserer letzten Nacht in Bolivien wird es wieder bitterkalt und das Wasser ist am Morgen gefroren.
- Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden.