Geschrieben von martin am
Sonne, Meer und Wüste
Die Zollformalitäten sind schnell erledigt und so fahren wir am späten Dienstagnachmittag (8. März) bei schönstem Wetter der peruanischen Pazifikküste entlang. Das Unwetter in den Bergen hat auch an der Küste seine Spuren hinterlassen. Ob von Hand mit Schaufeln und Kübeln oder mit grossen Radladern, überall werden fleissig die Strassen und Vorplätze vom Schlamm befreit. Die rotbraune Dreckschicht lässt die ohnehin nicht sehr ansehnlichen Dörfer noch heruntergekommener wirken.
Wir folgen der Carretera Panamericana für eine gute Stunde bis in die kleine Ortschaft Zorritos. Hier wohnt Jaques, ein ausgewanderter Welscher, in einem netten Häuschen direkt am Strand. Er heisst Overlander willkommen und so dürfen wir uns vor seinem Haus direkt an den Strand stellen. Während die Sonne vom Himmel lacht, liegen wir faul in der Hängematte und gehen nur hin und wieder eine Runde schwimmen. Viel zu schnell vergeht die Zeit und wir müssen uns am vierten Tag regelrecht zwingen, dieses kleine Ferienparadies wieder zu verlassen.
Dem Pan-American Highway folgend geht es Richtung Südwesten. Laut fluchen wir über die Peruanischen Autofahrer, welche zurecht den Ruf haben, die schlechtesten Südamerikas zu sein. Es wird gedrängelt, an den unmöglichsten Stellen überholt und natürlich bei jeder Gelegenheit gehupt. Rückspiegel - unnützes Zubehör, Strassenschilder und Fahrbahnmarkierungen - nur Dekoration, parkieren - geht überall. Während wir uns noch ärgern, winkt uns ein Polizist an den Strassenrand. Wir grüssen freundlich und beantworten die Frage ob wir spanisch sprechen vorsichtshalber mal mit "No". Davon unbeirrt erklärt er uns, dass unser rechtes Vorderlicht defekt sei und er uns dafür eine Busse geben muss, denn mit Licht fahren ist in Peru auch am Tag obligatorisch. Um seine Aussage zu untermauern, zeigt er auf den Gegenverkehr - wo gerade mal jedes dritte Auto mit Licht unterwegs ist. Da bei uns drei von vier Lichter funktionieren und die Mehrheit der anderen Verkehrsteilnehmer gar kein Licht hat, gehen ihm bald die Argumente aus. Er begräbt seine Hoffnung, dass wir ihm einfach ein paar Soles anbieten zähneknirschend - nach 10 Minuten diskutieren schickt er uns weg. Nochmals Glück gehabt.
Wüste, viel Müll, unzählige Topes (Bremsschwellen), einige unansehnliche Ortschaften, Ölpumpen - wir sind ziemlich enttäuscht vom Norden Perus, als wir in Piura ankommen. Die älteste Stadt Perus soll sie sein, doch zu sehen gibt es nichts und so machen wir uns auf die Suche nach dem einzigen Campingplatz in der Nähe. Einbahnstrassen, Sackgassen, gesperrte Brücken - wir kommen einfach nicht zu den gesuchten Koordinaten. Entnervt geben wir nach einer Stunde auf und verlassen die Stadt - die Nacht verbringen wir bei einer Tankstelle mit 24h Wache.
Am nächsten Morgen sind wir entsprechend früh auf der Strasse und fahren in die Desierto de Sechura. Der Strassenzustand ist ausgezeichnet und wir kommen gut voran. Nach knapp zweieinhalb Stunden erreichen wir das 200 km entfernte Lambayeque und fahren direkt zum Museo Tumbas Reales de Sipán. Hier werden die Fundstücke aus den Gräbern der Sipán-Pyramiden ausgestellt. Diese Gräber aus der Mochica-Zeit wurden erst 1987 entdeckt und gehören zu den spektakulärsten Funde der letzten 50 Jahre. Gespannt wandern wir durch die Ausstellung und staunen über die vielen wertvollen Grabbeigaben aus Gold und Silber. Doch nicht nur Edelmetalle wurden dem Herrscher mit ins Grab gegeben, er wurde in Begleitung seiner Konkubinen und weiterer Angehöriger seines Volkes begraben, von denen zum Zeitpunkt seines Todes einige geopfert worden waren.
Die Ausgrabungsstätte selber kann ebenfalls besichtigt werden und so fahren wir am Nachmittag weiter nach Sipán. Von den Pyramiden ist leider nicht mehr viel zu erkennen, denn der Regen hat den Lehmbauten stark zugesetzt. Die Gräber selber wurden nach ihrer Entdeckung überdacht und so sind somit vor Witterungseinflüssen geschützt. Da die Mumien und Grabbeigaben aber ins Museum umgezogen sind, wurden Nachbildungen in einigen der Gräber platziert.
Am nächsten Morgen fahren wir zurück zum Pan-American Highway und weiter nach Süden bis zur Grossstadt Trujillo. Gleich daneben liegt Huanchaco, ein kleiner Ferienort mit einem langen Sandstrand. Das Hostal Casa Amelia bietet Platz für ein Overlander-Fahrzeug und wir haben Glück, es ist noch niemand da. Wir richten uns in dem gemütlichen Garten ein und Fränzi freundet sich gleich mit den vier Kaninchen des Besitzers an. Ein paar Strassen weiter serviert das Restaurant La Barca ausgezeichneten Fisch und ich bekomme ein köstliches Ceviche. Obwohl wir den Strand am Montag fast für uns haben, lädt der Pazifik nicht zum Baden ein. Durch den kalten Humboldtstrom ist das Wasser hier merklich kühler als weiter nördlich.
Zurück in die Berge
Der Wetterbericht für die Berge wird besser und so brechen wir am Dienstag wieder auf. Wir fahren noch ein paar Kilometer der Küste entlang bevor wir auf die Ruta 123 abbiegen. Die Schotterpiste bringt uns quer durch die Wüste zum Río Santa und der parallel dazu verlaufenden Ruta 12. Leider sind wir aber auf der falschen Flussseite und müssen noch fast 20 km auf der Holperpiste bleiben, bis endlich eine Brücke kommt. Die Freude über den guten Teerbelag auf der PE12 währt jedoch nicht lange, die Strasse wird bald einspurig und wir ziehen wieder eine gehörige Staubwolke hinter uns her. Unseren Plan, heute noch bis Caraz zu fahren, müssen wir bald begraben - wir kommen einfach nicht vorwärts. Eine Baustelle folgt auf die andere und dazwischen holpern wir mit dreissig dem Fluss entlang. Nach einer überraschend ruhigen Nacht neben der Strasse, erreichen wir am nächsten Morgen den Cañon del Pato. Immer steiler werden die Felswände und die schmale Strasse verschwindet in einem Tunnel nach dem anderen - eine wirklich spektakuläre Fahrt.
Von Caraz aus unternehmen wir einen Ausflug zur Laguna Parón im Parque Nacional Huascarán. Für einmal mehr kämpft sich Uyarak einen schmalen Kiesweg hoch in die Berge. Auf 4200 m, zwischen schneebedeckten Berggipfeln taucht dann plötzlich der türkisgrüne Bergsee auf. Während es sich Fränzi am Seeufer gemütlich macht, kraxle ich etwas weiter hoch um die umliegenden Gipfel besser sehen zu können - die bekannte Pirámide de Garcilazo versteckt sich leider hinter den Wolken, der Blick aufs Huandoy Massiv ist aber ausgezeichnet.
Nur 15 km südlich von Caraz liegt die Ortschaft Yungay von wo aus wir ein zweites Mal hoch zum Nationalpark fahren. Auf ca. 3900 m stellen wir Uyarak ab und laufen um kurz nach acht Uhr los. Im Zick-Zack geht es steil hoch zum Refugio Perú (4660 m) wo sich das Base Camp für den Nevado Pisco befindet. Die Aussicht ist traumhaft, das gehen jedoch äusserst anstrengend. Nach einer ausgiebigen Mittagspause kämpfen wir uns durch ein riesiges Geröllfeld und erklimmen noch ein paar Höhenmeter bis wir auf 4870 m den höchsten Punkt der Wanderung erreicht haben. Zügig steigen wir die 200 Höhenmeter ab, bis zur Laguna 69. Wir haben viel länger gebraucht für die Überquerung als geplant und so sind wir froh, den See noch zu erreichen solange die Sonne das Wasser knitsch-blau schimmern lässt. Schnell knipsen wir ein paar Fotos und machen uns sogleich an den Abstieg. Obwohl uns ein paar Bachüberquerungen etwas ausbremsen sind wir nach 90 Minuten zurück beim Auto - gerade als die Dämmerung einsetzt.
Zurück im Tal fahren wir am nächsten Morgen (19. März) nach Huaraz, mit 120'000 Einwohner die grösste Stadt der Region. Hier gönnen wir uns ein Hotelzimmer mit heisser Dusche und eine Pizza zum Abendessen. Nicht ganz freiwillig verlängern wir unseren Aufenthalt dann um einen Tag bis es meinem Magen wieder besser geht...
Zurück an die Küste oder durch die Berge? Wir entscheiden uns für die Berge und fahren zum dritten Mal hoch in den Parque Nacional Huascarán. Dieses mal durchqueren wir den Park und fahren über einen 4800 m hohen Pass nach Westen. Uyarak scheint die Höhe nicht viel auszumachen und wir kommen auf der Schotterpiste durch den Park relativ gut voran. In diesem Teil des Parkes gibt es etwas besonderes zu sehen: Puya raimondii, oder Riesenbromelie auf deutsch. Diese bis zu 12 m hohe Pflanze aus der Familie der Ananasgewächse kann über 100 Jahre alt werden und blüht nur ein einziges Mal! Leider ist sie vom Aussterben bedroht und wir sind froh noch einige Exemplare dieser Riesenpflanze in freier Natur sehen zu können. Wir geniessen die eindrückliche Fahrt durch die Corillera Blanca und kommen beim Abra Yanashalla Pass zurück auf die Ruta 3.
Bei der Huansala Mine wird die Strasse plötzlich einspurig und hinter jeder Ecke warten dutzende Schlaglöcher. Die Hoffnung, dass es bald wieder besser wird begraben wir nach 30 km und holpern langsam dem Fluss entlang. Stunden später wird es langsam dunkel und wir sind immer noch nicht in Huánuco angekommen...
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