Geschrieben von franzi am
Dios, patria y libertad - Willkommen in Ecuador
Mit einer ganz ungewohnten Leichtigkeit dürfen wir am 24. Februar 2016 nach Ecuador einreisen. Auf direktem Weg steuern wir die Finca Sommerwind in der Nähe von Ibarra an. Das Strassenschild welches eine Umleitung signalisiert stört uns vorerst gar nicht. Wir biegen also in San Gabriel ab um wenige 100 Meter später ja wieder in die korrekte Richtung zu manövrieren. Doch es folgt keine weitere Umleitungstafel und das sorgt für heftiges Stirnrunzeln. Zurück bei der Abzweigung wo die Umleitung angegeben ist fragen wir beim Polizisten nochmals nach dem Weg. Dieser meint ganz locker: "Sie müssen über El Ángel fahren" und so schnell kommen nochmals 500 Höhenmeter dazu. Die Landschaft im Norden Ecuadors überzeugt uns vorerst gar nicht. Die Strasse schlängelt sich entlang der riesigen Bergflanken welche nur mit vereinzelten trockenen Büschen bedeckt sind.
Bei der Finca Sommerwind gibt es dann ein erfreuliches Wiedersehen mit unseren Freunden Julia & German aus Argentinien und Eva & Carlos aus Mexiko.
Farbe ist angesagt
Wenige Kilometer nach Ibarra wird die Landschaft grüner. Landwirtschaft soweit das Auge reicht. Während unsere Blicke über die schöne Laguna Cuicocha schweift, gönnen wir uns ein leckeres Sandwich mit selber gebackenem Brot. Verweilen können wir nicht lange, denn wir wollen noch genügend Zeit haben in Otavalo durch den Markt zu schlendern. Dieser entpuppt sich als ein richtiges Kulturerlebnis. Bunt wie ein Blumenstrauss mit all den schönen farbigen Tüchern, Ponchos, Hüten und Ketten welche von indigenen Frauen angepriesen werden. Das Ambiente ist einmalig, denn alle Señoras sind traditionell gekleidet.
Der Äquator
Nach 356 Reisetagen erreichen wir um die Mittagszeit den Äquator. Da wo der Pan-American Highway diesen überquert wurde eine Sonnenuhr errichtet - El Reloj Solar Quitsato. Nur zweimal im Jahr steht die Sonne exakt über dem Äquator, die restliche Zeit verläuft sie entweder südlich oder nördlich davon. Am 21. März und am 23. September steht die Sonne somit zur Mittagszeit genau senkrecht über der Sonnenuhr und wirft dadurch für einmal keinen Schatten. Immer wieder wurden in Ecuador bis zu 1000 jährige Plätze gefunden, welche damals zur Himmelsbeobachtung genutzt wurden. Heute suchen Forscher systematisch nach solchen Stätten und werden regelmässig fündig.
Besuch in der Hauptstadt
Eine vierspurige Autobahn führt uns direkt in die Hauptstadt von Ecuador, nach Quito. Die Hoffnung auf eine Umfahrungsstrasse haben wir schon längst aufgegeben und so kämpfen wir uns mitten durch die Stadt. Einige Schweissperlen später steht unser Dicke hinter einem 5 Meter hohen Zaun bei Gerd im Vorgarten des Hostal Zentrum. Gerd ist mit 73 Jahren nach Ecuador ausgewandert und hegt und pflegt seit nun bereits 12 Jahren sein Hotel mit Biergarten. Vorerst gefällt uns Quito gar nicht. Eine Stadt welche das ganze Rheintal bedecken würde. Die kleinen Häuser so nahe aneinander das man beim Nachbarn einen Blick unters Kopfkissen werfen kann.
Nach dem ausgiebigen Besuch der Altstadt hat sich diese jedoch einige Pluspunkte zurückerobert. Auf der Südseite thront die 45 Meter grosse Madonna auf dem Gipfel des El Panecillo. Ebenfalls von weitem zu erkennen ist die eindrückliche Basilica del Voto Nacional. Schmale und steile Gassen ähnlich wie in San Francisco und viele im Kolonialstil errichteten Gebäude zeigen uns die Sonnenseite der Stadt. Quito zu verlassen nimmt dann seine Zeit in Anspruch. Obwohl wir zügig vorankommen will die Stadt kein Ende nehmen. Es scheint als ob sie im massiven Wachstum alle kleineren Dörfchen rings herum verschlungen hätte. Doch die gute Laune kann uns in diesem Moment niemand nehmen. Wir haben nämlich gerade einen Stopp bei der Tankstelle eingelegt und für einen unglaublichen Preis von 26 Cent pro Liter getankt, da liegt auch das füllen eines Zusatztanks noch drin.
Eine Reise ins Pastaza-Tal
Auf der Suche nach Ruhe und Gelassenheit fahren wir Richtung Ambato und biegen da nach Osten ab. Weit hinten im Tal befindet sich das bekannte kleine Dörfchen Baños de Agua Santa wo sich angeblich alle Backpacker wohl fühlen sollen. Und so geht es auch uns. Eingenistet in der kunstvoll gestalteten Finca Chamanapamba geniessen wir Deutsche Küche und gute Gesellschaft. Das Dorf Baños de Agua Santa ist wirklich wunderschön gelegen. Es liegt am Hang des aktiven Vulkans Tungurahua mit Blick auf das grüne Pastaza-Tal, im Rücken unzählige grandiose Wasserfälle und zwei wärmende Thermalbäder.
Höher und noch höher
In den nächsten Tagen schleichen wir uns durch die unglaublichen Höhen der Anden. 3000 Meter sind bald keine Besonderheit mehr. Wir staunen wie die Bevölkerung das Land an den unvorstellbarsten Steilhängen noch mit Ochs und Wagen bewirtschaftet. Wie traditionell sich Jung und Alt kleidet. Die Temperaturen sinken mit jedem Höhenmeter den wir zurücklegen und so sind auch wir bald auf die warmen Jacken angewiesen. Auch die Einheimischen wissen sich warm zu kleiden. Die Frauen mit ihren bunten knielangen Faltenröcken und den dicken, ebenfalls total farbigen Strumpfhosen, welche darunter hervorschauen. Ihre Schultern eingewickelt in ein weiteres dickes Tuch. Obwohl die Sonne nicht scheint, bedecken Sie ihren Kopf mit dem traditionellen Hut oder mit einem zusammengefalteten Tuch. Der kleine Nachwuchs ist in Tücher gewickelt auf dem Rücken immer mit dabei - egal ob es sich um ein einmonatiges Baby oder ein 2 Jahre altes Kind handelt. Die schönen Ponchos welche bis anhin eher an den Marktständen zu sehen waren, sind in den Bergen überall vertreten. Jeder Mann trägt diesen praktischen Umhang um sich vor der Kälte zu schützen.
Wild camping
Wieder einmal in der freien Natur stehen ohne ein Dorf weit und breit. Den Duft der Tannen einatmen und die Natur geniessen. Wir lachen laut als wir in den losen Tannenwald fahren und unsere Freunde Julia und German genau an derselben Stelle vorfinden. Erneut dürfen wir uns an einem tollen Abend mit Panela, Tee, Kaffee und lustigen Geschichten erfreuen.
Lustige Ereignisse
Auch in den weiteren Tagen geniessen wir Land und Leute. Während wir die Ingapirca Ruinen besichtigen fragen zwei Indigene Frauen ob es möglich ist, dass sie ein Foto mit mir machen können. Dahin ist anscheinend mein ganzer brauner "Teint" und so schnell wird die weisse Haut wieder zur Attraktion im Südamerikanischen Raum. Am Nachmittag ist Blog schreiben angesagt und wie ich so auf dem Parkplatz sitze gesellen sich plötzlich 4 Studentinnen und ein Student aus Cuenca zu mir. Als ich die Frage, ob ich Englisch spreche mit JA beantworte sitzt auch schon das eine Mädel direkt neben mir und hält mir ihre Englisch-Hausaufgaben vor die Nase - "ayudar me por favor". So kommt es, dass ich für ganze 2 Stunden Englisch Lösungen laut vorlese und die Studenten diese fleissig notieren.
Als es später zu regnen beginnt bedankt sich die lustige Gruppe und verabschieden sich. Draussen wird es so richtig ungemütlich mit heftigem Regen und kalten Wind. Doch wir sitzen stattdessen zu viert (mit Julia und German) im kleinen Restaurant um die Ecke und schlagen uns für $2.70 die Bäuche randvoll. Jawohl ihr habt richtig gehört! Wir hatten Suppe, Salat, Reis, Rindfleisch, und Dessert und mussten dafür gerade mal das Münzfach plündern. Was für ein "Chäferfäscht".
Stadtrundgang
Wenn die Einheimischen von einer Stadt schwärmen darf man sich diese nicht entgehen lassen. Mit dem lokalen Bus fahren wir am Donnerstag (03. März 2016) ins historische Zentrum von Cuenca. Wir finden wundervolle Plazas und Kirchen, super leckeres Essen, indigene Frauen welche in den Schubkarren Früchte anpreisen und gönnen uns ein Nickerchen auf einer Bank im Stadtpark.
Wanderlust
Nach der Stadterkundung lockt uns die Moorlandschaft des Parque Nacional Cajas. Zur Mittagszeit erreichen wir unseren Schlafplatz welcher inmitten der 4000 Meter hohen Bergwelt liegt. Das Wanderfieber packt uns sogleich und wir marschieren los. Obwohl der Himmel bewölkt ist und in der zweiten Hälfte ein heftiger Regen einsetzt geniessen wir die lustige Rutschpartie. Wir wandern vorbei an unzähligen Seen und klettern durch bezaubernde Waldstücke. Baumrinden welche im Licht rot schimmern und ganz geschwungene Formen vorweisen.
Am Abend kochen wir gemeinsam mit dem Parkwächter Abendessen. Als wir ihm schlussendlich von unserem Milchreis mit Erdbeerkompott eine Tasse als Dessert abschöpfen, strahlt er über beide Wangen.
Entscheidungsschwierigkeiten
Unschlüssig welche Route wir wählen sollen zücken wir unsere Karte hervor. Wie weiter? Direkt an die Küste und von da aus nach Peru, weiter nach Loja und bei Macara über die Grenze oder doch lieber auf der extrem kurvigen Bergstrasse bei La Balsa irgendwo im Nirgendwo über die Grenze? Da klopft auch schon ein Mann an die Scheibe und fragt ob er uns helfen kann. Wieder einmal schickt uns der Zufall einen Helfer vorbei. Der Mann ist Reiseführer in Ecuador und kennt sich bestens aus. Er rät uns über Loja zu fahren. Landschaftlich unglaublich schön und die Stadt ebenfalls sehr lohnenswert. Na dann - auf geht's Richtung Süden.
Aufschwung in Ecuador
Ecuador hat was Umweltschutz anbelangt den schlechtesten Ruf von ganz Südamerika. Grosse Teile des Waldes wurden bereits gerodet. 2008 wurde deswegen das staatliche Waldschutzprogramm "Programa Socio Bosque" ins Leben gerufen. Um das Projekt erfolgreich umzusetzen werden die Gemeinden sowie private Waldbesitzer, finanziell unterstützt sofern sie sich langfristig zum Waldschutz verpflichten. Nur so kann die illegale Holzrodung gestoppt werden. In Quito hat uns Gerd erzählt, dass die Regierung dabei ist längst überfällige Steuergelder einzutreiben. Wo das Geld eingesetzt wird ist ganz klar sichtbar. Alle Strassen in Ecuador sind in bestem Zustand, teilweise hat es sogar Solar-betriebene Strassenlampen. Als wir durch die Anden fahren merken wir, dass sich bezüglich Umweltschutz kürzlich viel getan hat. Auf neuen braunen Tafeln wird darauf hingewiesen, dass Waldrodung verboten ist. Mit Sprüchen wie "Wasser ist Leben" oder "Bäume säubern die Luft" wird die Bevölkerung zum Nachdenken angeregt. Erstmals finden wir auch Strassenschilder welche symbolisieren, dass die Strasse kein Mülleimer ist und man die Wildtiere schützen soll. Da scheint Ecuador auf dem richtigen Weg zu sein.
Willkommen auf der Achterbahn
Fünf Stunden lang geht es wie wild rauf und runter. An den steilsten Hängen wurden Strassen gebaut. Da wundern wir uns nicht wenn teils die eine Spur mit grossen Brocken vom letzten Steinschlag versperrt ist.
Von weitem schon sieht man die Stadt Loja eingebettet in die grünen Berge. Wir geniessen den Spaziergang durch die Gassen und entdecken einen Plaza nach dem andern. Das kleine Städtchen gibt meines Erachtens sogar mehr her als die Hauptstadt Quito.
Alt und älter
Nach Vilcabamba ins Tal der Hunderjährigen fahren wir nicht etwa wegen den alten Leuten. Nein, diese Region soll auch landschaftlich ein besonderes Juwel sein. Weshalb sonst würden es die Leute solange aushalten? Und wirklich - hier finden wir Ecuador so vor, wie wir es uns in Gedanken vorgestellt hatten. Eine Berglandschaft welche sich ins saftigste grün hüllt - Bäume, Büsche mit bunten Blumen, Bananenblätter. Bei der Hosteria Izhcayluma gibt es jeden Morgen kostenlose Yogastunden, Massagen können ebenfalls gebucht werden. Da fühlen wir uns doch gleich wie in den Ferien.
Planänderung
Bei dem vielen Regen und solchen Bergstrassen muss man einfach spontan sein. Ursprünglich wollten wir die zahlreichen Kurven, welche uns direkt an die Peruanische Grenze führen, auf uns nehmen. Denn das wäre der direkte Weg zu den Kuélap Ruinen in Peru. Als es in Vilcabamba aber während zwei Tagen heftig regnet und keine Besserung in Sicht ist, ändern wir unsere Planung. Bergstrassen können bei heftigem Regen schnell in einem kleinen Fluss enden und Erdrutsche sind keine Seltenheit. Kurzum schauen wir uns den Wetterbericht für die Nordwestküste Perus an. Sonnenschein - Peru, Strand, Palmen, Meer - wir kommen!
Fotos
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Kommentare
hedyundstephan antwortete am Permanenter Link
Liebi Franziska und liebe Martin
das isch jo unglaublich: ihr sind schon meh als as Jahr unterwegs...?! üs chund das no gar nüd so lang vor, wo mer mit eu so s'gmüetlich Abschiedsfescht händ dörfe fiire.
Ihr sind flexibel und mached no e chli wieter-mer finded das toll (Osterhase gits jo au no im 2017-oder?) und wünsched eu e gueti Fahrt und viel Schös und Spannends Richtig Süde!
Macheds guet
Stephan und Hedy
franzi antwortete am Permanenter Link
Hey zäma!
Jo das Johr isch ächt unglaublich schnell verbi ganga. Kei Wunder wenn ma so viel Action häd! ;-)
Mör gnüssads das mör so eifach könd uma halbs Johr verlängera. As stoht jo schliesslich no sehr viel schöns ufam Programm! :-)))
Eu wünschad mör ganz schöni Ostera und an traumhafta Frühlig.
Ganz liebi Grüassli fränzi und martin
Ps. Han an Osterhaas reserviert, dä wartat scho bi mim Brüader im Kühlschrank! ;-)