Geschrieben von franzi am
Nach rund 8500 Kilometern - einmal quer durch ganz Kanada - erreichen wir am 28. Mai 2015 den Yukon. In Watson Lake legen wir einen Rast ein. Wo einst ein mit Heimweh geplagter Soldat 1942 ein einzelnes Schild seiner Heimatstadt aufgehängt hat, steht heute ein ganzer Schilderwald aus Ortstafeln, Autonummern, beschrifteten Holzplatten und Wanderwegpfeiler. Äusserst amüsant finden wir, auf welch kreative Art und Weise sich Menschen unterschiedlichster Nationen hier verewigt haben.
Auch auf den folgenden 15 Kilometer Richtung Westen ist für Unterhaltung gesorgt. Auf beiden Seiten des Alaska Hwy hat es Yukon Grafitis. Anstatt Farbe auf Beton sind es hier Schriftzüge aus Steinen, welche auf braunem Erdgrund ganz gut lesbar sind. Bei den Rancheria Falls wollen wir die Wasserfälle besuchen. Der kurze Zwischenstopp endet dann ganz unerwartet in einem richtigen Schweizertreffen (sechs Paare aller Altersgruppen). Bereichert mit vielen witzigen Reisegeschichten und etlichen erhaltenen Reisetipps geht es erst ganze drei Stunden später weiter Richtung Carcross. Da wartet ein lange Zeit vergessenes Dörfchen aus der früheren Goldrauschzeit auf uns. Dieses prunkt heutzutage mit vielen renovierten und mit First Nation Kunst verzierten Häuschen. Der wirkliche Grund für den kleinen Umweg Richtung Carcross ist aber nicht das Dorf, sondern vielmehr die bekannten Sanddünen. Schwer vorzustellen, doch was ausschaut wie eine richtige Dünenlandschaft ist in Wirklichkeit ein getrockneter Gletschersee. Ach, wie gerne würden wir hier ein paar Runden mit unserem Landy drehen. Anschliessend fahren wir schnurgerade nach Whitehorse hoch um uns wiedereinmal mit dem Nötigsten zu versorgen... natürlich Schoggi... :-) Nein, leider nicht nur. Man nehme 90 Liter Wasser, 130 Liter Diesel und fülle den Kühlschrank solange bis Tetris gespielt werden kann. Erst dann, viele viele Stunden später geht die Fahrt weiter in den Westen des Yukons.
Wir sind voller Vorfreude, denn die nächsten 3-4 Tage werden wir im Kluane National Park verbringen. Dieser Park umfasst unglaubliche 22'013 km2 und ist somit halb so gross wie die Schweiz. Wie Zuhause hat es auch hier Berge so weit das Auge reicht. Der einzige Unterschied besteht darin, dass keine Strasse hinein führt, in das Labyrinth der bis zu 5'959 m hohen Giganten. Im Visitor Center in Haines Junction informieren wir uns über die Wanderwege und decken uns mit Kartenmaterial ein. Die Nacht verbringen wir mit einer traumhaften Aussicht auf den Kluane Lake. Um uns aufs Wandern einzustimmen haben wir für den kommenden Tag eine kleinere Wanderung geplant mit 430 Höhenmeter und 10 Kilometer Marschdistanz. Erst am Folgetag wollten wir dann die Höhenmeter und die Distanz verdoppeln. Doch wie meistens kommt alles anderst als wir es geplant haben. So gehts am 01. Juni früh Morgens aus den Federn und zwei Rucksäcke werden gepackt. Das Auto stellen wir einfach halber gleich vor dem Visitor Center ab. Die ersten zwei Kilometer marschieren wir der Strasse entlang. Gemäss der Dame des Visitor Centers ist der Wanderweg nicht gekennzeichnet aber trotzdem einfach zu finden. Nur der Aufstieg sei ziemlich steil. Den Start des Weges gefunden, gewinnen wir schnell an Höhe und haben einen schönen Ausblick auf den Kluane Lake. Doch nur wenige Höhenmeter später endet der Pfad in einer steil abfallenden Geröllhalde. Kein Problem, denn Martin bahnt uns einen eigenen Weg durch die losen, kleinen und grossen Steine. Natürlich in der Hoffnung, gleich wieder auf den Wanderweg zu treffen. Nach dieser Adrenalin fliessenden Querpassage haben wir den "Nepal Status" erreicht und kraxeln auf allen Vieren schnurgerade den Berg hinauf. So sind wir auch gar nicht erstaunt, als wir Stunden später direkt neben der Dall Sheep Herde im Steilhang stehen. Gemäss der Dame im Visitor Center sollten wir diese Schafe bei dieser Wanderung durchs Fernglas beobachten können. Jedes mal wenn wir Rast machen, werden wir mit einem atemberaubenden Ausblick belohnt. Der Kluane Lake zeigt sich uns in den schönsten blau und türkis Tönen. Wenn da nur nicht die zwei Fragen in meinem Hinterkopf das Vergnügen dämpfen würden...
- Wie kommen wir hier wieder runter?
- wo ist wohl der Grizzly? Denn die Spuren sind wirklich überall.
Als ich dann noch eine ganze Menge an Dall Sheep Haaren entdecke ... natürlich gleich neben den Grizzly Spuren, lege ich an Tempo zu. Ja, es soll eine richtige Adventure Tour geben, denn beim Abstieg auf der Rückseite des Berges ist erneut nicht der kleinste Trampelpfad ersichtlich. Die einzige Möglichkeit die uns bleibt ist vier Kilometer im Creek zu meistern. Während Martin fleissig klatscht um die Bären zu vertreiben hüpfe ich von Stein zu Stein hinter ihm her. Immer wieder müssen wir uns durch das Gebüsch kämpfen und Martin reicht mir bei schwierigen Stellen stehts seine stützende Hand. Im richtigen Moment lotst uns Martin wieder den Hang hinauf und siehe da: ein richtiger Wanderweg. So ist aus der ursprünglich kleinen Wanderung ein beachtlicher 8 h Trip mit gut 1000 Höhenmeter und 16 Kilometer Distanz geworden. Unsere Glieder entscheiden dann ganz eigenmächtig die Wanderung des Folgetags zu streichen. Am nächsten Tag melden wir in Haines Junction dem Visitor Center, dass der Wanderweg in einer Gröllhalde endet. Im Gegenzug erfahren wir, dass die Angestellten des Visitor Centers mit ihren Ferngläsern nach uns Ausschau gehalten haben - sie haben sich über das grüne Gefährt auf dem Parkplatz gewundert. Wie einfach hätten Sie uns doch sehen können... wir standen direkt neben den Dall Sheeps. ;-)
Mit Wehmut verlassen wir das riesige Wandergebiet und machen uns auf den Rückweg nach Whitehorse. Als wir gegen fünf Uhr Abends, nach allen Erledigungen inkl. Wäsche waschen das Städtchen verlassen möchten, fährt ein weisser Land Rover an uns vorbei. Im Augenwinkel erkenne ich noch wie uns der Fahrer zuwinkt. Wir wollen ihm gerade folgen, da hat der weisse Landy schon umgedreht um sich neben uns zu stellen. So lernen wir Sabine und Stefan aus Nürnberg kennen. Kleine Planänderung und wir sitzen eine halbe Stunde später zu viert im urchigen Restaurant in Whitehorse. Denn da gibt es die Besten Fish and Chips. Den Abend verbringen wir wild plaudernd mit viel Bier und Süssgetränken am Lagerfeuer auf dem Campingplatz. Da wir den Landy Treff auch am kommenden Tag nicht aufheben wollen, fahren wir gemeinsam (weiss vor grün, grün vor weiss) und trinken am Nachmittag heissen Kaffee in Teslin. Just bevor wir am frühen Abend zum Stellplatz abbiegen wollen, verabschiedet sich dann noch die Bremsenverstärkung von Uyarak. So verbringen die beiden Herren die erste Stunde des Abends mit verwunderten Blicken in unsere Motorhaube. Es wird getüftelt und im Handbuch nachgelesen bis man die zwei möglichen Fehlerquellen gefunden hat: Bremskraftverstärker oder Vakuum-Pumpe. Das Werkzeug weggelegt, kochen wir zusammen und geniessen weitere super lustige Stunden am Lagerfeuer.
Unseren letzten Nachmittag im Yukon verbringen wir in Watson Lake beim Visitor Center. Nur da hat es offenes Wifi und somit die Möglichkeit eine Ersatzpumpe für Uyarak zu bestellen.
Liebe Family, ist es möglich, dass auch noch eine Pumpe in eurem Fluggepäck Platz findet? Wie wärs mit einem weiteren Besuch in Südamerika? ;-)
Nein kein Problem, denn Martin meint: "Beim Landy gehen nur die Dinge kaputt die man nicht unbedingt braucht".
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Kommentare
dagehtsoeiniges antwortete am Permanenter Link
Euren Rat folgend vergeht kein Tag ohne Tim Hortons aber gottseidank ohne Donut :-)
Bilder haben wir eben an Martins Adresse verschickt, viel Spaß damit und lasst mal von euch hören!