Am späten Freitagnachmittag (22. Mai 2015) wird aus dem Provincial Highway 43 der Highway 2 und wir sind in British Columbia, der westlichsten Provinz Kanadas angekommen. Da Fränzi fährt, habe ich Zeit die Aussicht zu geniessen und nach einem Platz für die Nacht Ausschau zu halten. Eigentlich ist Wild-Camping geplant, doch kurz vor Pouce Coupe entdecke ich einen kleinen Campingplatz der fast leer ist. Da wir heute bereits relativ weit gefahren sind und ein Stellplatz mit C$ 15.- sehr günstig ist, beschliessen wir hier zu bleiben und erst morgen nach Dawson Creek zu fahren.

Dank Uyarak komme ich schnell mit unserem Nachbarn Chris ins Gespräch und er lädt uns ein, später doch auf ein Bier vorbeizukommen. Da uns sowohl das Bier als auch die Chips ausgegangen sind - Einkaufen war in Dawson Creek geplant - schleichen wir im Verlauf des Abends mit einer Flasche Whisky und Fränzis Riesentoblerone rüber zu den anderen. Zusammen mit Chris, seiner Freundin Lindsey und seinem Arbeitskollegen Eric sitzen wir gemütlich ums Lagerfeuer, plaudern und trinken Bier, Whisky und Summersby. Nur Lindsey muss verzichten, denn sie ist im 6. Monat schwanger. Insgesamt ein äusserst lustiger Abend, den wir sehr geniessen. Als wir uns dann gegen halb eins auf den Weg ins Bett machen wollen, weisst uns Lindsey darauf hin, dass es doch erst halb zwölf sei. Wir hatten wiedermal vergessen unsere Uhren umzustellen.

Während ich mir am Samstagmorgen das defekte Autoradio im Wohnwagen von Chris ansehe, beschliessen Fränzi und Lindsey Pancakes zu backen. Während der erste noch eher an ein riesiges Kartoffelchips erinnert, werden die folgenden immer besser und luftiger. Beim Essen kommt Chris auf den Ölwechsel zurück, welchen ich am Vorabend erwähnt hatte. Schnell ist klar, dass er die richtigen Leute kennt und weiss wo ich das passende Öl finde. Mit seinem Pickup (ein cooles Teil: Chevrolett Silverado 3500HD, 6.6l V8 Diesel, hinten Doppelbereifung, grosse Ladebrücke und ein hydraulischer 10 m Kran) geht es erstmal auf Besorgungstour. Schnell haben wir die passenden Öle gefunden und so schnappen wir uns Uyarak und fahren zu seinem Freund welcher in einer Autowerkstatt arbeitet. Leider hat dieser bereits früher Feierabend gemacht da nichts los war, doch ein kurzer Anruf und er steht 5 min später schon wieder in der Garage. Er sieht sich Uyarak an und lacht: "Die Dinger kenne ich! Davon hatte es einige, als ich noch in Australien gearbeitet habe!". Wir legen gleich los und eine Stunde später sind die Öle im Motor, Getriebe, Verteilergetriebe und in den Achsdifferentialen gewechselt. Zurück auf dem Campingplatz bauen wir dann bei Chris noch ein neues Radio im Wohnwagen ein, das alte ist einem Wassereinbruch zum Opfer gefallen. Wir geniessen anschliessend ein kühles Bier, während Fränzi und Lindsey Lachs und Gemüsespiesse als Abendessen vorbereiten.

Nach einem ausgiebigen Frühstück verabschieden wir uns am Sonntagmorgen (25. Mai) und fahren nach Dawson Creek zum Milestone 0 des legendären Alaska Highways. Der 2288 km lange Highway wurde ab 1942 von den Amerikanern innert kürzester Zeit gebaut. Grund für den Bau war der Angriff der Japaner auf die Aleuten und die daraus folgende Erkenntnis der Amerikanischen Streitkräfte, dass Alaska ohne Strassenanbindung kaum zu verteidigen ist. Eine erste durchgängige Piste wurde nach nur 8 Monaten fertiggestellt. Dazu waren bis zu 11'000 Mann im Einsatz. Anschliessend wurde die noch sehr rudimentäre Piste zu einer ganzjährig befahrbaren Strasse ausgebaut. Die ursprünglich ausschliesslich für militärische Verwendung gebaute Strecke, ist seit 1948 für jeden befahrbar.

Vollgetankt und mit genügend Vorräten ausgestattet fahren wir auf der geschichtsträchtigen Strasse los Richtung Yukon. Der erste Teil der Stecke verläuft wenig spektakulär durch kleine Siedlungen, vorbei an Farmen und alten Ölpumpen. Nach Fort St. John wird der Verkehr weniger und die Strasse führt gemütlich über kleinere Hügel und durch riesige Wälder. Richtig spektakulär wird es dann nach Fort Nelson, hier geht es auf die kanadischen Rocky Mountains zu. Die Strasse folgt kleinen Tälern, führt über Pässe und an hohen Bergen und tiefblauen Seen vorbei. Das Wetter spielt mit und wir können die atemberaubende Aussicht so richtig geniessen.

Am frühen Nachmittag unseres zweiten Tages auf dem Alaska Highway durchqueren wir den Stone Mountain Provincial Park der uns mit seiner kargen, felsigen Landschaft sehr gut gefällt. Wir suchen uns daher bereits sehr früh ein schönes Plätzchen zum Übernachten. Ein schmaler Kiesweg führt uns etwa einen halben Kilometer weg vom Highway und nachdem wir einen abgerutschten Hang überquert haben stehen wir direkt am Mc Donald Creek. Der Weg führt durch den Fluss hindurch und verschwindet auf der anderen Seite im Gebüsch. Wir überlegen uns, ob wir durchfahren oder hier bleiben sollen. Zu Fuss wate ich durch das eiskalte Wasser und sehe mir das gegenüberliegende Ufer an. Die Wassertiefe ist mit 50 cm kein Problem, die Ausfahrt aus dem Flussbett ist jedoch sehr steil und erfordert einiges an Bodenfreiheit. Wir entschliessen uns kein Risiko einzugehen und richten uns auf dieser Seite des Flusses gemütlich ein. Hubdach auf, Sonnenstore raus, Tisch und Stühle aufstellen, Feuerstelle einrichten, Feuerholz suchen, Feuer machen und dann gemütlich ein Buch lesen - schon ist der Nachmittag um. Zwischendurch gibt es noch eine lustige Tanzeinlage von Fränzi, denn ein 3 cm grosser Käfer hat sich in ihren Pullover verirrt.

Nach dem Znacht kommt Fränzi plötzlich wieder in den Sinn, dass sie mir doch noch die Haare schneiden wollte. Drei Monate liegt mein letzter Coiffeurbesuch bereits zurück, es ist wohl wieder an der Zeit. Fränzi macht sich also an die Arbeit und ganze 45 min später darf ich das Werk im Spiegel betrachten. Ich zufrieden, Fränzi nicht ganz, spielt aber keine Rolle, Hut auf und gut ist.

Der nächste Tag begrüsst uns regnerisch und kalt, stört uns aber nicht wirklich denn heute geht es zu den heissen Quellen bei Liard River. Fränzi packt bereits nach dem Frühstück einen Rucksack mit den Badesachen und fragt mich was ich denn anziehen wolle. Ups. Als wir gepackt haben hatte ich entschlossen meine alte Badehose zu entsorgen und mir dann in Kanada eine neue zu kaufen. Was ich bisher natürlich noch nicht geschafft habe... Egal, muss halt eine andere Hose herhalten. Gegen Mittag erreichen wir dann den Liard River Hot Springs Provincial Park und geniessen ein Bad im Naturpool. Je nach Entfernung zur Quelle liegt die Wassertemperatur zwischen 35 und 52 Grad Celsius. Nach zwei Stunden sind wir gar und fahren weiter Richtung Norden.

Wenige Kilometer vor der Grenze zum Yukon Territory überquert der Highway den Hyland River. Direkt nach der Brücke führt ein schmaler Kiesweg am Fluss entlang von der Strasse weg. Ein möglicher Übernachtungsplatz? Neugierig folgen wir dem Weg durch den Wald. Ein paar umgefallene Bäume, kleine Überschwemmungen, steinige und sumpfige Stellen machen die Fahrt interessant. Nach etwa 3.5 km kommen wir an eine grosse Flussschleife und richten uns für die Nacht ein. Bei stürmischem Wetter und gerade mal 12 Grad ist uns nicht nach Lesen am Lagerfeuer und so gibt es einen gemütlichen Film-Abend.